Zu den Sehenswürdigkeiten im Nordwesten Thüringens gehört der 75 Quadratkilometer große Nationalpark Hainich. Er hat auch für Besucher mit Mobilitätseinschränkungen viele Erlebnisse in der Natur zu bieten.Der Hainich wurde am 31. Dezember 1997 als 13. Nationalpark Deutschlands und als einziger in Thüringen gegründet. Anliegen dieses Nationalparks, welcher sich im Städtedreieck Bad Langensalza- Eisenach-Mühlhausen befindet, ist der Schutz der Buchenwälder sowie jener speziellen Natur, welche damit einhergeht.
Die Anreise zum Nationalpark Hainich ist mit dem Fahrzeug über die Bundesautobahn A 4 sowie die Bundesstraße 84 relativ einfach. Allerdings sollte man mit einem Auto anreisen, denn ohne eigenes Fahrzeug wäre der Besuch der Sehenswürdigkeiten schwierig und sehr aufwändig.
Der Hainich, das ist vor allem die größte nutzungsfreie Laubwaldfläche Deutschlands, Urwald also, den man jedoch in kleinen Teilen auch ohne Barrieren erleben und erfahren kann.
Eine erste Möglichkeit, dies zu tun das ist der am 17. Mai 2002 eröffnete Rundwanderweg Brunstal. Er wurde im Jahr 2019 zum „Pfad der Begegnung umgebaut. Auf diesem Erlebnispfad können sich Besucherinnen und Besucher an insgesamt neun Stationen Interessantes aus Wald und Flur selbst handelnd erschließen. Der Erlebnispfad ist durchgängig barrierefrei ausgebaut und sowohl mit Rollstuhl wie auch als sehbehinderter Naturfreund ohne weitere Hilfe zu erleben. Der Wanderweg ist von der Ortschaft Mülverstedt aus bequem zu erreichen. An der früheren Fuchsfarm gibt es einen Parkplatz auf dem vier Parkbuchten für Inhaber von Behindertenparkkarten zur Verfügung stehen. Unmittelbar am Parkplatz lädt eine Brotzeithütte dazu ein, sich vor oder nach der Wanderung zu stärken und zu erfrischen. Der Weg zum Rundweg führt von hier aus entlang der Streuobstwiese über die asphaltierte frühere Straße nach Ihlefeld. Am Beginn des Rundweges befindet sich eine Toilette, die über eine Schräge zugänglich ist sowie für Besucher mit Rollstuhl normgerecht ausreichende Bewegungsräume bietet.
Ein ganz besonderes Erlebnis im National-park Hainich ist der Spaziergang durch die Baumkronen und der Blick von oben herab in den Wald. Das ist auf dem Baumkronenpfad am Naturparkzentrum nahe dem Forsthaus Thiemsburg möglich. Im August 2005 eröffnet und im Mai 2009 auf eine Länge von insgesamt 530 Metern erweitert können alle Besucher durch die Kronenregion des Waldes spazieren gehen und viel über diesen Wald erfahren.
Diese Sehenswürdigkeiten sind über einen Parkplatz an der Landstraße zwischen Bad Langensalza und dem Ort Caula zu erreichen. Dort gibt es als Behindertenparkplätze ausgewiesene Flächen. Die Nutzung ist gebührenpflichtig (z.Zt. ein Euro pro Tag).
Die Entfernung vom Parkplatz bis zum Naturparkzentrum beträgt rund 500 Meter. Mobilitätseingeschränkte Besucher sollten an der Kasse darauf achten, dass sie (gegen Pfand) zwei Schlüssel erhalten – ein Schlüssel für den Zugang zur Behindertentoilette, der andere ermöglicht den Zugang zu den Ausstellungen und zum Fahrstuhl durch für Rollstuhlnutzer ausreichend breite Türen.
Unmittelbar im Naturparkzentrum befindet sich die Ausstellung „Entdecke die Geheimnisse des Hainich“ – eine interaktive Ausstellung, welche für alle zugänglich ist und viele Möglichkeiten bietet, sich mit allen Sinnen die Faszination des Hainich zu erkunden. Erst kürzlich wurde beim Naturparkzentrum eine „Wurzelhöhle“ eröffnet. Auch diese ist ebenerdig mit Rollstuhl zu besuchen und mit allen Sinnen zu erleben. In dieser Wurzelhöhle treffen die Besucher die Kreaturen der Dunkelheit, erfahren, wie die Baumriesen Wasser und Nährstoffe zum Wachsen aus dem Boden aufnehmen sowie wie die „Unterwelt“ lebt und funktioniert und welche wichtigen Erdbewohner zum Beispiel für die Müllentsorgung zuständig sind. Die aufwendig gestaltete Ausstellung ist eine abwechslungsreiche Mischung aus interaktiven Elementen und Modellen zum Anfassen sowie lehrreichen Erläuterungen.
Nach kurzem Weg durch den Wald (zirka 1.000 Meter, verfestigte Decke, etwas hügelig aber insgesamt gut zu befahren) ist der Ausgangspunkt für den Baumwipfelpfad erreicht. Gehbehinderte Besucher, Besucher mit Kinderwagen oder Rollstuhl gelangen mittels Lift auf diesen Pfad. Der Pfad besteht aus zwei Rundwegen von insgesamt 530 Metern Länge welche sich in der Höhe von zehn bis 24 Metern durch die Baumwipfel winden. De Höhenunterschied der einzelnen Abschnitt wird mit langgezogenen Steigungsstrecken überwunden und ist so von Personen mit Rollstuhl bis auf Ausnahmen ohne Hilfe zu fahren. So ist der Baumwipfelpfad insgesamt gut mit dem Rollstuhl befahrbar, lediglich die Aussichtsplattform auf 40 Metern Höhe ist nur für gehfähige Personen zu erreichen. Auch die Abschnitte mit Kletterseil und Kletterbrücke, welche jedoch außerhalb des Baumpfades angebracht wurden, erfordern Gehfähigkeit.
Der Baumwipfelpfad ist mit seinen neun Erlebnisstationen in den Baumwipfeln und weiteren Stationen auf dem Weg zum Baumwipfelpfad sind auch für Besucher mit Rollstuhl ohne Barrieren zu erleben. Interessante Informationen zu diesem Baumwipfelpfad bietet auch ein kurzer Beitrag von „Jena TV“, der hier angesehen werden kann.
Unmittelbar am Naturparkzentrum befindet sich das „Forsthaus Thiemsburg„, ein Restaurant mit Biergarten, Grillstand und Wander-Herberge, die sich für Stärkung und Erfrischung beim Besuch des Wipfelpfad anbieten. Restaurant und Biergarten sind ebenerdig zugänglich. Die Herberge verfügt über drei Einzel- sowie zehn Doppelzimmer, welche jedoch nicht barrierefrei gestaltet wurden.
Für diese Naturerlebnisse sollte man sich mindestens zwei Tage Zeit nehmen. Für Naturfreunde mit Mobilitätseinschränkungen bietet es sich an, die Übernachtung im „Schlosshotel am Hainich“ in Behringen zu buchen. Das aus dem 16. Jahrhundert stammende Schloss wurde im Jahr 2003 unter dem Aspekt „Urlaub für Alle“ durch die Gemeinde zu einem barrierefreien Hotel umgebaut und wird seit 2012 durch eine gemeinnützige GmbH betrieben. Alle Gästezimmer und Räume des Hauses sind mittels Lift ebenerdig zugänglich. Von den insgesamt 25 großzügigen Komfortzimmern sind 18 barrierefrei eingerichtet und jederzeit individuelle erweiterbar, so zum Beispiel, mit Pflegebetten auszustatten.
Der Ort Behringen ist Teil der Gemeinde Hörselberg-Hainich, liegt selbst auf hügeligem Gelände und ist für Gäste mit Rollstuhl nur auf den rund 450 Metern entlang der Hauptstraße zwischen Schlosshotel und Regelschule zu empfehlen. Aber auf dieser Strecke befinden sich ein Supermarkt, die Sparkasse sowie das mittels Schräge ebenerdig zugängliche Speiserestaurant „Tor zum Rennstieg“. In nur geringem Abstand von der Hauptstraße entfernt lädt zudem der von internationalen Künstlern geschaffene Skulpturenpark zu einem Spaziergang ein. Um in den Park zu gelangen sind Schrägen zu überwinden wozu möglicherweise ebenso Hilfe erforderlich sein könnte, wie das Besichtigen jener Skulpturen, die abseits der Hauptweges aufgestellt wurden.
Wer dann noch Zeit hat, könnte zudem die Stadt Bad Langensalza besuchen. Sie ist die nächstgelegene Stadt, die eine sehenswerte Altstadt bietet sowie als Kur- und Rosenstadt bekannt ist. Die Innenstadt lässt sich unkom-pliziert auch mit Rollstuhl entlang eines von der Touristinformation empfohlenen Rund-ganges erkunden. Empfehlenswert ist auch der gut ausgebaute Rundweg entlang der historischen Stadtmauer. Vor allem wer Blumen mag, sollte sich für den Besuch mehr Zeit einplanen. Arboretum, Botanischer Garten, Japanischer Garten, Magnoliengarten, Naturgarten des BUND und Rosengarten sind für sich allein zwar nicht besonders groß aber auf jeden Fall sehenswert.
(Mai 2016)